Die Lilie

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In kühner Schönheit hebt sie stolz das Haupt,
wo leicht man ein Funkeln zu erkennen glaubt,
von da rinnt ganz vorsichtig, sanft er herab,
der hauchfeine Tau tropft von ihren Blüten,
welche dort schimmern mystisch, im Abendrot
und fast scheint es so, als ob sie glühten,
Still, ohne Worte, herrscht da ein Verbot,
nie soll jemand es wagen, sie zu berühren.
Sich weiter zu nähern wagt man besser nicht,
bezaubernd, der Anblick will dazu verführen,
doch warnt wie ein Zepter, der Stempel davor,
gefährlich könnt's sein, ihre Nähe zu spüren.
So flüstert die Muse ganz zärtlich ins Ohr,
denn ihr Anmut ist es der gekonnt inspiriert,
unheimlich schwer wird's bald zu widerstehen,
fühlt man sich doch so sehr im Innern berührt.
Verzaubern kann's durchaus sie lang anzusehen,
weil dezent aber sicher, ihr Duft auch betört,
thront dort auf festem Stiel, ist die Königin,
will daß man sie vergöttert und ewig verehrt.
Solch erlesene Schönheit, sie raubt den Sinn,
der Vorsatz zur Vorsicht, er schwindet dahin,
Knie vor ihr nieder, so erkenn ich noch mehr,
erkenne, daß sie mich im Griff schon lang hat,
es stört mich nicht, nein ich genieße es sehr,
Punkte schwarz, zieren ein jedes Blütenblatt.
Welches Wunder nur konnte so etwas erschaffen?
Wird sie mich hart für die Neugier bestrafen?
Leicht geschwungen die Blüten, voller Eleganz,
Zurück gibt es eh keins, ich verfall ihr ganz.
Ich gesteh Ihr meine Liebe, heimlich und leis,
Sie flüstert mir zu, genau das ist der Preis,
von nun an, ist allein sie meine Herrscherin,
darf sie lieben und ehren, gebe mich ihr hin.

(gefrorenesHerz am 14. Juni 2002)